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Sommer 2/2024

Sicherheit

Ausgabe 3/2023

Sicherheit – was für ein ambivalentes Thema in einer komplexen und diversen Welt. Der dringliche Ruf nach Sicherheit wird vor allem dann laut, wenn Angst um sich greift – ob in der Nachbarschaft, der Gemeinde oder dem Land. […]

Ängste werden auch von Machthabenden oder denen, die Macht haben wollen, geschürt. Tatsächlich ist diese Unsicherheit immer auch nützlich und staatsformend, die Verhältnisse sind menschengemacht. Es macht einen Unterschied, ob die Gemeinde Steuergelder für gering bezahlte Ordnungskräfte ausgibt oder für Sozialarbeiter:innen in (Familien-)Beratungsstellen.

„Ruhe – Ordnung – Sauberkeit“ sollen Stärke des Staats und vermeintliche Sicherheit suggerieren. Dabei schwächt die „Law and Order“-Strategie den Wohlfahrtsstaat. Kein Wunder, dient Politik doch vor allem dem Kapital, anstatt die wirtschaftliche Lage der Mehrheit im Blick zu haben und allen ein halbwegs gutes Leben (was nicht synonym zu setzen ist mit: sicheres Leben) zu ermöglichen.

Mehr Polizei und härtere Strafen, mehr Überwachung öffentlicher Plätze, das geht meistens für diejenigen schief, die diskriminiert werden. Sie werden von Sicherheitskräften entweder nicht gesehen, als „Risikogruppen“ bevorzugt kontrolliert oder von Opfern zu Täter:innen gemacht.

Psychologisch gut erklärbare Verdrängung und Übertragung lenken davon ab, dass laut einer vom Kinderhilfswerk Plan International Deutschland kürzlich erstellten Studie ein gutes Drittel der befragten (jungen) Männer erklärte, für sie sei es legitim, die eigene Partnerin zu schlagen, und dass viele das auch schon getan haben.

Der Feind im nahen Umfeld ist so viel konkreter als der „Fremde“ da draußen, der aber viel leichter und mit weniger Risiko verantwortlich gemacht und angezeigt werden kann – sofern er nicht eine Fanbase hinter sich weiß.

Das Transformative Justice Kollektiv Berlin stellt daher das Sicherheitsversprechen des Staates in Frage, weil Polizei, Gefängnis und Grenzen mehr Gewalt (re)produzieren, anstatt sie zu beenden. Das Kollektiv schlägt Community-basierte Alternativen für Sicherheit vor, welche die Wurzeln von Gewalt in Communitys und Beziehungen tatsächlich angreifen. Konkret bedeutet das: Nachbarschaften, Familien, Freund:innen oder Gruppen mit gemeinsamen Themen organisieren kollektive und alltägliche Unterstützung. So bleibt niemand allein, und es wird deutlich, dass Gewalt alle betrifft, wenn auch auf verschiedene Weise. […]

Auszug aus der Einleitung


Inhalt dieser Ausgabe

Schwerpunkt SICHERHEIT
Einleitung:
Es sind die gesellschaftlichen Verhältnisse
von Gabriele Bischoff

Daten(un)sicherheit
von Klara Schneider

Für nachhaltigen Frieden und erweiterte Sicherheit
von Annegret Kunde

(Un)sichere Statistiken
von Nerocy Chanthirakanthan und Anni Mertens

Wer hat Angst vorm eigenen Mann? Partnerinnentötung vor Gericht
von Annegret Kunde

Von der autoritären Sicherheitspolitik zur sozial gerechten Sicherheit aller
Isolde Aigner

Meine feministische Wahrheit
Bond, Pussy und der Pfefferspray
Jana Avanzini
(zuerst erschienen in Kultz)

Krieg & Frieden
„Wir vergessen nicht!“
50 Jahre Putsch in Chile
Interview mit Elisa Franco Sentis (feministische Koordination 8. März) & Eine Rundreise von chilenischen Aktivist:innen in Deutschland

Projekte
„Aus Anstand“ Antifaschistinnen
Gedenken an Berlinerinnen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus
von Trille Schünke-Bettinger & Margit Hildebrandt

WHO CARES?! Kämpfe um Reproduktion und Gewerkschaftsarbeit
Neue und alte Zeitdiebe
Unbezahlte, unsichtbare Arbeit raubt in allen Lebenslagen Kräfte für unaufschiebbare Veränderungen
von Sigrun Matthiesen

Herstory
Achtsamkeit, Solidarität und Kooperation
Erinnerung an Maria Mies

Das Woman‘s Building in Los Angeles – mehr als nur ein Gebäude
von Klara Schneider

Kultur
Was wir sehen – Weibliche und nicht-binäre Perspektiven in der Fotografie
von Tina Berntsen

Spot on für Unter-den-Teppich-Gekehrtes
Für die Slam Alphas Suse Bock-Springer (1. Vorsitz)

Gesehen
Clashing Differences
von Gudrun Lukasz-Aden / Christel Strobel

Daten und Taten
Lotte Lenya (Karoline Wilhelmine Charlotte Blamauer)
von Christiana Puschak

Naziha al-Dulaimi
von Florence Hervé

… und sonst
Hexenfunk
Gehört
Gelesen


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