Feministische Stadt
Ausgabe 3/2021
Keiner unserer älteren und längst vergriffenen Ausgaben wird so oft nachgefragt, wie jene zu feministischer Stadtplanung von 2003 und 2012. Anlass genug, dem Thema erneut einen Schwerpunkt zu widmen.
Die Wohnung allein böte ausreichend Stoff für ein eigenes Heft: Wie können wir Alltag gemeinschaftlich organisieren? Welchen Raum brauchen wir nur für uns? Wo trennen und verbinden sich Innen und Außen? Wie haben sich Arbeitsteilungen, Klassen-, Macht- und Geschlechterverhältnisse in den Schnitt unserer Wohnungen eingeschrieben? (…)
Der Schritt vor die Haustür: In vielerlei Hinsicht dominiert der Autoverkehr die Struktur einer Stadt. Wem gehört die Straße und wo können wir verweilen, wenn wir nicht konsumieren? Wie werden Orte zu „No-Go-Areas“ und für wen – für Linke, für Frauen, für Queers, für Migrant*innen, für sogenannte „anständige Bürger*innen“ oder angeblich sogar für die Polizei? Wie wird mit „Sicherheit“ Politik gemacht und Repression legitimiert? (…)
Das Engagement für eine lebenswerte Stadt für alle bewegt sich in Widersprüchen und läuft Gefahr, vereinnahmt zu werden: Solidarität, Kreativität und Engagement lassen sich ausbeuten – und das wird auch zielgerichtet getan. Wunderbar, wenn die Mittellosen sich selbst organisieren, wo es an grundlegender Infrastruktur fehlt; wenn Ehrenamtliche unbezahlt arbeiten, um Notstände zu lindern; wenn das kreative Prekariat und Freie Kunstszene das Viertel beleben oder die alternative Szene die Brachflächen begrünt, Telefonzellen in Bücherschränke verwandelt und Laternen umstrickt…
Im Lokalen und direkt vor unserer Haustür erfahren wir Wirkmächtigkeit und zugleich deren Grenzen. Austeritätspolitik z.B. wird zwar vor Ort umgesetzt, jedoch auf mindestens europäischer Ebene gemacht. In einer armen Stadt, in der Flächen und Immobilien in private Hände verkauft sind, unter dem absurden Diktat der „schwarzen Null“, lässt sich demokratisch, sozial und von unten wenig gestalten. So streiten stadt- und mietenpolitische Initiativen auch für Vorkaufsrechte von Genossenschaften gegenüber privaten Konzernen, mehr Sozialwohnungen, Mietendeckel, Bußgelder für Airbnb und demokratische Mitbestimmung. (…)
In solchen Utopien und Kämpfen geht es um alles und stets um die Frage: Wie wollen wir – in all unserer Unterschiedlichkeit, mit unseren verschiedenen Bedürfnissen und Verwundbarkeiten miteinander leben? Sie zielen auf demokratische Gestaltung und eine Orientierung am Gemeinwohl statt an Profit und Kapitalinteressen. (…)
– aus der Einleitung von Melanie Stitz; Link zum ganzen Artikel und weitere Leseproben siehe unten „Inhalt dieser Ausgabe“
Für alle, die noch mehr zum Thema lesen wollen, stellen wir an dieser Stelle eine umfangreiche kommentierte Link- und Leseliste sowie unsere älteren Ausgaben zu Stadtplanung kostenlos als Download zur Verfügung. Wir freuen uns aber auch über jede kleine Spende! Das feministische Blatt ist ein ehrenamtliches, nicht-kommerzielles Projekt und kann so weiter produziert werden. Weitere Infos hier
- Wem gehört die Stadt? (pdf)
WIR FRAUEN Das feministische Blatt, Ausgabe 02-2012 - Stadtplanung (pdf)
WIR FRAUEN Das feministische Blatt, Ausgabe 04-2003 - Feministische Stadt Link- und Leseliste
mit Fundstücken aus unseren Recherchen zur aktuellen Ausgabe
Die aktuelle Ausgabe kann direkt hier über unsere Webseite bestellt werden.
Inhalt dieser Ausgabe
Schwerpunkt
Einleitung: Feministische Stadt
von Melanie Stitz
Das Recht selbst geltend gemacht. Wohnsituation und Kämpfe migrantischer Mieter*innen
von Duygu Gürsel, Azozomox, Marie Schubenz
(Zuerst erschienen im MieterEcho 384 / Oktober 2016 der Berliner MieterGemeinschaft e.V.)
Schlafplätze für alle!
von Tina Füchslbauer
„Dieses System könnte ganz anders aussehen“
Auszug aus dem Interview von Tyma Kraitt mit Gabu Heindl, Architektin, Stadtplanerin und Aktivistin
(Zuerst erschienen bei TAGEBUCH – Zeitschrift für Auseinandersetzung 3/2020)
Grüne Flächen selber machen
von Gabriele Bischoff
Gleichstellungspolitik, die sich im Stadtbild niederschlägt
von Annegret Kunde
Meine feministische Wahrheit
Was ist bei den Lesben* los? Lesbenfrühlingstreffen 2021 ransfeindlich?
von Marion Lüttig vom LesbenRing
Krieg & Frieden
Frauenrechte in Gefahr: Alltag in Kabul
von Lena Reiner
Feministische Kehrtwende in Argentiniens Regierungspolitik?
von Daniela Weißkopf
WHO CARES?! Kämpfe um Reproduktion und Gewerkschaftsarbeit
Doppelmoral im Pflegesektor: Systemrelevant aber ausgebeutet
von DaMigra e.V.
Kurzmeldungen:
Uns könnt Ihr Euch nicht sparen!
Wann, wenn nicht jetzt!
Herstory
„Krüppelfrauen: erobern wir uns den Tag“
von Pia Marzell
Kultur
Frauen.Bewegen.Geschichte.
Mutter! – ein internationales Ausstellungsprojekt
Projekte
#HackSexism – Gemeinsam gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt
von der Initiative „My Body Is Not Your Porn“
Gesehen
May, die dritte Frau
von Gudrun Lukasz-Aden / Christel Strobel
Daten und Taten
Yvonne Useldinger / Muriel Gardiner
… und sonst
Hexenfunk
Gehört – Feministische Podcasts
Gelesen
Ihr an uns