Florence Hervè
autonom und feministisch, Internationalistin und Sozialistin
GEBOREN 17.4.1944 in Boulogne sur Seine
Die Journalistin, Zeithistorikerin und Frauenrechtlerin Dr. Florence Hervé gehört dem Verein und der Zeitschrift WIR FRAUEN seit Beginn an. Nach dem Erfolg des ersten von ihr 1979 mitherausgegebenen Kalenders wurde drei Jahre später die Zeitschrift von ihr mitgegründet und mitverantwortlich herausgegeben. Vorläufer der Zeitschrift war der seit 1977 erscheinende Rundbrief der Demokratischen Fraueninitiative (DFI). Sowohl an der DFI als auch am Rundbrief war sie als Gründerin und Mitherausgeberin beteiligt. Ihre Ziele: Frauenpublizistik fördern, Frauen und ihre Projekte bekannt machen, sie miteinander vernetzen.
Florence brauchte und braucht kein Amt oder offiziellen Titel, um diese Ziele voranzubringen. Sie hat durch ihr Engagement in der Frauen- und sozialistischen Bewegung Themen und Mitstreiterinnen in Frankreich und Deutschland, in Ost- und Westeuropa, im Nahen Osten, in den so genannten Mahgreb-Staaten, in Vietnam und Südamerika gesucht und gefunden. In Südafrika (1988–1990) und Namibia (1990–1993) hat sie zwei DFI-Frauenprojekte verantwortlich durchgeführt.
Die internationale Zusammenarbeit ist ihr ein starkes Anliegen und so hat sie viele Begegnungen zwischen Frauen von unterschiedlichen Kontinenten und Kulturen organisiert. Bereits 1978 hat sie das erste Solidaritätsfest der DFI mit ausländischen Kolleginnen und mit Vietnam-Frauen mitorganisiert und die erste Demonstration zum Internationalen Frauentag 1980 in Düsseldorf mitinitiiert.
Unvergessen sind ihr länderübergreifendes Engagement zur Freilassung der kurdischen Ex-Abgeordneten Leyla Zana aus türkischer Haft und ihr beständiges Engagement, palästinensische und israelische Friedensaktivistinnen zusammenzubringen. Diese Problematik begleitet sie seit ihrer Mitarbeit in der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF) im „UNO-Jahr der Frau“ 1975. Von 1994 bis 2002 war Florence in der internationalen Leitung der IDFF aktiv. In dieser Eigenschaft organisierte sie 1990 in Zusammenarbeit mit der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit ein viel beachtetes Internationales Seminar zur Durchsetzung der Frauenförderung entsprechend den UNO-Strategien von Nairobi in Düsseldorf: „Wir wollen den Frieden, die Freiheit, das Recht“.
Ansporn für ihr Engagement war und ist der Widerstand von Menschen, insbesondere von Frauen, gegen den Hitler-Faschismus: So war sie 1979 Mitinitiatorin der DFI-Tagung über „NRW-Frauen im Widerstand“ und gab die Broschüre „Trotz alledem, Frauen im Düsseldorfer Widerstand“ mit zahlreichen Interviews heraus. Mit ihren Vorträgen, Lesungen und Büchern über Widerstandskämpferinnen trägt sie nach wie vor dazu bei, an das mutige Engagement von Frauen in der Zeit des Faschismus zu erinnern.
Seit Ende der 1960er Jahre setzt sie sich mit Clara Zetkin auseinander. Zahlreiche Artikel in deutscher und französischer Sprache, die Mit-Übersetzung der Zetkin-Biographie von Gilbert Badia (1994), die Herausgabe eines populärwissenschaftlichen Buchs über Zetkin (2007) sowie die zahlreichen Vorträge und Lesungen stehen für ihr Engagement, das Wissen über Clara Zetkin und ihre Arbeiten zu vertiefen und weiter zu tragen.
In der Redaktion schätzen wir Florence´ Engagement, ihre Integrität und wertschätzende Haltung, ihre Klarheit, Klugheit und ihren Humor. Sie unterstützt uns, professionell zu arbeiten und Verantwortung zu übernehmen. Dass ein Projekt wie WIR FRAUEN bis heute existiert und sich weiterentwickelt, ist keine Selbstverständlichkeit. Es verdankt sich ganz entscheidend der Tatsache, dass Florence in der Lage war und ist, ihr Wissen und ihre Erfahrungen an jüngere Frauen weiterzugeben und sie zugleich zu ermutigen und darin zu bestärken, ihren eigenen Weg zu gehen. Auch dafür wurde Dr. Florence Hervé im Jahre 2011 mit dem Clara-Zetkin-Frauenpreis ausgezeichnet.
Im Juni 2014 erscheint ihr zweisprachiges Buch „Oradour – Blicke gegen das Vergessen“, mit Fotografien von Martin Graf, neu und überarbeitet im PapyRossa-Verlag in Köln.
Gabriele Bischoff, Melanie Stitz, Mechthilde Vahsen
Ein schönes Portrait, verfasst von Gerd Schumann, erschien am 17.4.2014 in der JungenWelt: „Freigelegte Spuren. Autorin, Forscherin, Erzählerin, Aktivistin: Florence Hervé zum 70. Geburtstag“.