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Frühjahr 1/2024

Freiheit, Gleichheit, Internet?

Zeit, sich einzumischen: Während unserer Endredaktion laufen die Mobilisierungen allerorts auf Hochtouren: zum Aktionstag für Kobanê/Rojava am 1. November, für den 25. November anlässlich des fortdauerenden Skandals alltäglicher Gewalt gegen Frauen, zur UN-Klima-Konferenz im Dezember… Noch immer versammeln sich in vielen Städten Woche für Woche PegidistInnen und Hardcore-Neonazis, brennen Flüchtlingsunterkünfte und behaupten die Leitmedien, die „Flüchtlingsflut“ sei nicht zu bewältigen. Uwe Wappler von der AfD fingierte sogar eine Vergewaltigung eines 12-jähriges Mädchens durch Flüchtlinge. In Duisburg-Marxloh werden Roma-Familien, auf der Skala der „guten“ Flüchtlinge und MigrantInnen ganz unten stehend, von kriminellen Vermietern mit Buttersäure aus ihren Wohnungen gejagt. Die Nachbarn schauen dabei zu, offenkundig erleichtert, als wäre da nichts gewesen, einst in Deutschland, aus dem noch immer zu lernen wäre. Unermüdlich zeigen AktivistInnen zahlreicher Flüchtlingsinitiativen Tag für Tag mit ihrem Engagement, was nötig ist und möglich wäre, im Sinne eines solidarischen Zusammenlebens. „Es ist uns keine Ehre“, schrieben Hanna Schuh und Elène Misbach vom Medibüro Berlin schon 2014, denn „häufig tritt in der offiziellen Darstellung sowie der medialen Berichterstattung in den Hintergrund, dass (sozial)staatliche Pflichtaufgaben oftmals auf die »Ehrenamtlichen« abgewälzt werden und die von den Initiativen formulierte, berechtigte Kritik an der menschenunwürdigen Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie den gesellschaftlichen Bedingungen und gesetzlichen Grundlagen rassistischer Ausgrenzung vereinnahmt, abgeschwächt oder gar mundtot gemacht wird.“ Die Plakatkampagne mit Slogans wie „Frieden statt Frontex“ des Medibüros von 2013 ist aktueller denn je.

In Düsseldorf begann eine neue Runde unseres Feministischen Lesekreises, diesmal mit dem Thema „Mutterrolle vorwärts-rückwärts“. Zum Einstieg verglichen wir Bilder von Müttern und Vätern, gefunden bei google und in Zeitschriften: die Mütter weichgezeichnet, mit geschlossenen Augen, versunken mit ihren Babys in einem „Meer endloser, wortloser Liebe“. Dagegen die Väterbilder: Mal halten sie ihre Kinder wie Trophäen in die Höhe, sind auf dem Weg außer Haus und zur Arbeit oder fröhliche Kumpel schon großer Kinder. Rege lesen und diskutieren wir weiter Texte von Angela McRobbie über neoliberalen Feminismus und widersprüchliche Erwartungen an die „neue“ Mutter, die Kind und Karriere smart und stets sexy meistert, ihren Körper – jetzt erst recht – auf Idealmaße trainiert und dem Sozialstaat nicht zur Last fällt.

Die Idee, sich als Einzelkämpferin behaupten zu müssen, hält uns in den Verhältnissen fest. Dieser Tage erhielt – neben anderen wunderbaren Frauen – Antje Schrupp für ihr feministisches Wirken einen Preis der Else-Mayer-Stiftung Bonn. In ihrer Dankesrede wies sie darauf hin, dass das von Männern geprägte Ideal des einzelnen für sich allein handelnden Individuums, des alleine an seinem Schreibtisch grübelnde genialen Denkers, umgeworfen werden müsse: Jeder Mensch sei in seinem spezifischen Kontext aus Bedürfnissen und sozialer Einbettung zu sehen, berichtet Maxim Loick auf www.loick.de.

Schließlich in eigener Sache: Immer wieder werden uns unaufgefordert Bücher zur Rezension zugesandt, ein Anliegen, dem wir in der Regel nicht nachkommen können. Der Platz im Heft ist begrenzt, Rezensionsexemplare bestellen wir selbst beim Verlag.

Melanie Stitz

Inhalt dieser Ausgabe

Korinthe/Impressum
Inhalt/Editorial
Hexenfunk

Schwerpunkt: Freiheit, Gleichheit, Internet?


Netzfeminismus und seine Grenzen
Isolde Aigner und Anna Schiff

Big Brother Data
Carolin Rolf

Die Cyborg – Eine feministische Utopie
Nadine Dannenberg

Bloggen als Bürger_innenpflicht
Antje Schrupp

Wie inklusiv ist der Netzfeminismus?
Kübra Gümüşay

Am Anfang war Ada. Frauen in der Computergeschichte
Gabriele Bischoff

Netzfeminismus ist auch nur Frauenbewegung …
Stephanie Mayfield

women&work – Messe-Kongress für Frauen
Gabiriele Bischoff

Das digitale Magazin für international Interessierte
Gabriele Bischoff

Meine feministische Wahrheit


Wir wollen individuell sein.
Swantje Nassauer

Krieg und Frieden


Don’t stop moving – Fluchtgrund: Lesbisch
Annalena Müller

„Keine Lager für Frauen! Alle Lager abschaffen!“
Gisela Notz

Who cares?! Kämpfe um Reproduktion und Gewerkschaftsarbeit


¡YO SOY MUJER. Feministinnen berichten in Düsseldorf von ihrem Kampf um Frauenrechte in El Salvador.
Melanie Willms

Projekte


„Die Stadt sollte auch in der Gegenwart zeigen, dass sie aus der Vergangenheit gelernt hat!“
Isolde Aigner

Herstory


Kinder des Widerstands
Florence Hervé

Natzweiler-Struthof – „Ein Netzwerk des Terrors“
Florence Hervé

KULTUR


Atlas/Studies: eine Choreografie von Michèle Murray
Vera Paul

Daten und Taten


Maria Mies

Édith Piaf