FRAUENSTREIKS
Ausgabe 1/2019
Auf diesen 8. März freuen wir uns besonders! Vielerorts haben sich Bündnisse gegründet, um zum Streik aufzurufen und Aktionen zu planen. „Alte Häsinnen“ trafen sich dabei wieder und viele neue Gesichter kamen dazu, darunter auch viele, die sich erstmals oder neu engagieren. Weil es reicht – aber eben nicht dazu, um gut miteinander zu leben. Vielmehr weil es genug ist mit den rechten Worten und Taten, weil wir die Aufmärsche selbsternannter „LebensschützerInnen“ satt haben, weil uns die Geduld ausgeht, mit allen, die glauben, Sexismus sei harmlos, witzig, verkaufsfördernd oder ein Mittel, uns auf „unseren Platz“ zu verweisen. Genug der Gewalt und der täglichen Ausbeutung der Arbeit, die allerorts unsichtbar, aus Liebe bevorzugt von Frauen verrichtet wird – wenn´s gut läuft für ein paar Blumen einmal im Jahr. Genug auch mit den Verhältnissen, in denen wir entlang von Herkunft, Nationalität, Religion, Geschlecht, Einkommen… gegeneinander gestellt sind. Genug, dass uns unsere Zeit geraubt wird, die wir so dringend benötigen, um uns tagtäglich gemeinsam unser Menschsein anzueignen: solidarisch produzierend, was wir zum Leben benötigen; eingreifend in Politik und Weltgeschehen – Einmischung ist dringend notwendig; um uns und andere sorgend; uns selbsttätig realisierend und entwickelnd in Kunst und Kultur! Es ist Zeit, den Herrschaftsknoten zu sprengen, von dem Frigga Haug so anschaulich schreibt! Dafür, dass wir auf Zukunft noch hoffen können, ohne Angst, dass der Planet kollabiert. Jenseits der Norm und der Formen, in die wir gepresst werden sollen, wollen wir leben, lieben und sein was und wie es uns gefällt.
Die Ni Una Menos (Nicht eine weniger!)-Bewegung in Argentinien mobilisierte 2016 zum Streik gegen Feminizide. Sie wandte sich damit gegen die Entpolitisierung dieser Verbrechen und stellte sie „in einen breiten ökonomischen und soziopolitischen Kontext“, so Isabell Lorey in ihrem Aufsatz „8M – Der große feministische Streik“ (https://transversal.at/media/8m.pdf). Und genau darum geht es: Patriarchale und kapitalistische Verhältnisse sind – nach Zeit und Ort unterschiedlich – miteinander verzahnt, bedingen und stützen einander. Sie lassen sich weder nacheinander noch jeweils für sich überwinden. Dieser Gedanke durchzieht auch die Artikel auf den folgenden Seiten.
Herzlich danken wir der Künstlerin Andrea Isa (www.andrea-isa.de), die uns einige ihrer Bilder für diese Ausgabe zur Verfügung gestellt hat.
Melanie Stitz
Inhalt dieser Ausgabe:
Aus 1994 lernen
Melanie Stitz im Gespräch mit Jutta Meyer-Siebert
Wenn wir die Arbeit niederlegen, steht die Welt still!
Nina Eumann und Katharina Schwabedissen
Frauenstreiks in der Geschichte und weltweit
Daniela Weißkopf
Wenn Frau will, steht alles still: Der Frauenstreik 1991 in der Schweiz
Christiana Puschak
Für gerechtere Sorgeverhältnisse kämpfen. 5 Jahre Netzwerk Care Revolution
Mia Smettan
Der komplette Schwerpunkt dieser Ausgabe ist hier als Leseprobe verfügbar. Die Ausgabe „Arbeit für Lohn und Brot“(2005) ist außerdem online auf der „Archiv“-Seite: wirfrauen.de/ausgabe/arbeit-fuer-lohn-und-brot.
Krieg & Frieden
Kampf dem Atomtod: Erinnerungen an die ersten Ostermärsche in den 1960ern
Hildegard Proft
Brasilien: „Er ist nicht unser Präsident“
Débora Backes
WHO CARES?! Kämpfe um Reproduktion
Die Gängelung von Wunscheltern durch das sogenannte Abstammungsrecht
Gabriele Bischoff
Herstory
Um den Internationalen Frauentag vor 100 Jahren.
Florence Hervé
Zwei Briefe von Clara Zetkin
Hexenprozess in Memmingen vor 30 Jahren
Florence Hervé
Berliner Frauenpreis 2019 für Karin Bergdoll
Florence Hervé
Projekte
Kollektiv Migrantas: Piktogramme für die Stadt
Kathrin Schultz
Auf Rasiermessers Schneide. Zum Leben und Werk von Virginie Despentes
Isolde Aigner
Kultur
Die Bauhaus-Frauen: „Ein neuer Anfang. Ein neues Leben beginnt.“
Christiana Puschak
Gesehen
Frauenfilmfestival
„Die andere Seite von allem“
Gudrun Lukasz-Aden / Christel Strobel