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Frühjahr 1/2024

Phoolan Devi

Banditenkönigin und Politikerin

phoolan-deviDer Film Bandit Queen von 1994 des Regisseurs Shekhar Kapur machte die ehemalige indische Parlamentsangehörige Phoolan Devi weltweit bekannt. Die von Devi nicht autorisierte Verfilmung ihres Lebens zeigt den Weg einer jungen Frau, die in Indiens Kaste der Unberührbaren hineingeboren und im Alter von 11 Jahren mit einem 35 Jahre alten Mann verheiratet worden war. Sie rannte zurück in ihr Dorf, galt als rechtlos, wurde mehrfach vergewaltigt, unter falscher Anklage verhaftet und nach Misshandlungen durch die Polizei wieder freigelassen. Zwischen ihrem 17. und 18. Lebensjahr wurde sie von zwei Banditenbanden unter Baboo Gujar Singh und Vickram Mallahs entführt. Vickram und Phoolan Devi heirateten und führten zusammen eine Bande. Nachdem Vickram getötet wurde, wurde Devi im Dorf Behmai in einem Schuppen eingesperrt und drei Wochen lang von den Dorfbewohnern vergewaltigt. Sie konnte entkommen. 17 Monate später kehrte sie als Chefin einer Bande zurück und übte grausame Rache. Sie ließ 22 Männer erschießen.

Danach wurde sie bekannt als Königin der Banditen und Wiedergeburt der Göttin Durga, der zornigen und allmächtigen Muttergöttin des Hinduismus. Das in umfangreichen Raubzügen erbeutete Geld verteilte sie an Arme und Mitglieder unterer Kasten. Es begann eine erbarmungslose Jagd auf die Bande. Bei einem Zugriff der Polizei wurde das Dorf Guloli vollkommen zerstört, weil die Polizei Bomben aus Hubschraubern abwarf und das Dorf anzündete. Am 12. Februar 1983 kapitulierte Phoolan Devi auf einer Bühne vor dem Bildnis ihrer Göttin und einem Gandhi-Bild, 10.000 Menschen kamen zu dieser Waffenniederlegung. Nach 11 Jahren Gefängnis kam sie im Februar 1994 frei, ihre männlichen Mitgefangenen wurden bereits nach den zugesicherten acht Jahren entlassen. Ein Prozess hat nie stattgefunden. Seit dieser Zeit war sie als Menschenrechtlerin tätig und wurde als Heldin der Armen gefeiert. Sie setzte sich vor allem für Frauenrechte ein. Für die sozialistische Samajwadi Party gewann sie 1996 und 1999 einen Sitz im indischen Parlament. 2001 wurde sie ermordet.

Im Interview mit Catherine Pawasarat vom Januar 1999 war die „ungebildete Analphabetin“ nie um Worte verlegen und benannte genau, was sie dachte und fühlte. Auf die Frage, was sie in ihrer Vergangenheit ändern würde, wenn sie könnte, antwortete Pholaan Devi, die nach ihrer Haft Buddhistin wurde: „Früher bin ich immer sehr schnell wütend geworden und konnte mich einfach nicht an die Gesellschaft anpassen. Wenn ich das von Anfang an anders gemacht hätte, dann hätte ich innehalten können, (…) um friedlich in der Gesellschaft zu leben – ohne diese Wut, mit Liebe im Herzen. Ich wünsche mir wirklich, ich hätte nie jemandem wehgetan.“

Gabriele Bischoff